„Masken runter“ – „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“. Aber in diesem Jahr ist ja alles anders. Kein Endpunkt, aber auch kein bitteres Ende!
Für Christen ist der Aschermittwoch das Eingangstor in die wichtigste Zeit des Jahres, die österliche Zeit, in der es um Tod und Leben geht. Mit dem „Aschenkreuz“ wird er zu einer großen Einladung zur „Quadragesima“, den heiligen 40 Tagen, in denen es um uns selbst, um unsere Mitmenschen und um Gott geht. Es geht um unser Leben und unsere Lebensgewohnheiten, die mindestens einmal im Jahr auf den Prüfstand müssen. Es ist so etwas wie eine „Auszeit“ – sich dem ganzen Trubel für eine Zeit entziehen, zur Ruhe kommen, sich über wichtige Dinge klarwerden oder auch einfach mal nur an sich selbst denken.
Nun leben wir schon seit Monaten in so einer verordneten Auszeit und das wird mit der Zeit lästig und unangenehm, und wir bräuchten jetzt alles andere als eine Fastenzeit und schon gar nicht eine von außen verordnete. Aber in diesem Jahr werden wir nicht darum herumkommen und es scheint so, als ob selbst mit dem Osterfest kein Ende in Sicht ist. Also heißt es, diese Zeit positiv zu nutzen und das Beste für uns selbst und für unsere Mitmenschen daraus zu machen und dieser Zeit der Entsagung etwas Positives abgewinnen zu können, damit in ihr das Licht von Ostern aufleuchten kann.
Das christliche Fasten ist nicht nur Selbstzweck, sondern soll mir und den anderen bzw. meiner Umwelt dienen und mich näher zu Gott führen: Weniger Auto fahren beispielsweise kann meinen Radius auf meine unmittelbare Umgebung konzentrieren und dazu führen, diese neu wahrzunehmen. Und die Erfahrung des Verzichts auf bestimmte Genüsse kann sensibilisieren für die Armut anderer. Zum anderen kann die Erfahrung, von vielem scheinbar Unverzichtbaren nicht abhängig zu sein, froher und freier machen, eben dadurch, dass ich mich frei mache von Sekundärem, um zum Wesentlicheren zu kommen und Neues in mein Leben zu lassen und so den Reichtum meines Lebens zu entdecken.
„Kehre um und glaube an das Evangelium!“ Diese Worte, mit denen Jesus seine Botschaft auf den Punkt bringt, werden uns beim Aschenkreuz zugesprochen. Ja, Umkehr ist uns aufgetragen, einen inneren Kassensturz zu machen, die eigenen Gewohnheiten anzuschauen, so manches zu korrigieren, was aus der Spur geraten ist, und das, was nötig ist, auf neuen Kurs zu bringen. Positiv gesehen ist es die Chance, nicht stehen zu bleiben, sondern unserer „Innenseite“ Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken und die Möglichkeiten unserer Weiterentwicklung und unseres inneren Wachsens auszuloten und anzugehen.
Zugegeben, manchmal -und vor allem wenn es so lange dauert wie in dieser Pandemie- kann das unangenehm, schwer, schmerzhaft und traurig sein. Aber für ein Leben in Gottes Nähe gibt es keine Alternative und es bleibt seine Verheißung. Am Ende des Tunnels leuchtet auf jeden Fall das Osterlicht. Wer sich darauf einlässt, wird reich beschenkt.
So wünsche ich uns allen eine gesegnete Zeit der Vorbereitung auf Ostern 2021. Ostern fällt nicht aus – unabhängig davon wie wir es feiern können.
Ihr Präses
Gerhard Nisch